1. W.C. Fields auf dem Markt
Regen und Wind, Frühjahr oder Herbst. „Regen – Eine Liebeserklärung an das Wetter wie es ist“ von Christian Sauer die passende Lektüre. Der Frühling zeigt sich kurz sich am Nachmittag, Sonne dringt durch Wolkenlöcher. Zeit zu gehen. Der Markt, Brot und Käse. Guten Riesling beim Pfälzer Biowinzer, wie immer. Am Nebentisch W.C. Fields, raucht Zigarre und trinkt Wein. „I don`t drink water. Fish fuck in it.“ Etliche Eintrachtfans versammeln sich beim Obstbauer und Kelterer aus dem Spessart. Es wird Apfelwein getrunken und auch schon gesungen. Zwei junge Männer in Barçafarben sind ebenfalls zu sehen. Die Stadt ist aufgeregt vor dem großen Spiel am Abend. Stoße das Glas mit dem Lagenriesling um und kaufe einen neuen. Daraufhin Small Talk mit den Tischnachbarn. Der hat ja eine ganz andere Farbe. Nächstes Mal will der Unbekannte den Mandelberg probieren. Gewohnte Wege zurück. Vor einigen Tagen hat irgendwo ein 26-jähriger Mann mit einem spitzen Gegenstand den Lack von über 200 Luxusautos zerkratzt. Motiv nicht, wie zu vermuten und auch nachvollziehbar wäre, Hass auf Autos. Nein, es war purer Neid. Der Mann war obdachlos und wollte nichts sehnlicher als so ein Auto. Sachschaden 500000 €. Er hat sich gestellt. Die Impfpflicht hat im Parlament keine Mehrheit gefunden. Am Abend vor der großen Leinwand am Tresen der Lieblingsbar. Die Eintracht spielt 1:1 gegen Barcelona. Zuhause zwei Gläser Katalanischen Wein.
2. Der Rand ist ein guter Ort.
Landregen, Schnee, Graupel, Hagel. April. Der Kran in der Nachbarschaft zerteilt den Himmel. Das Fahrrad seit Tagen im Regen, aus Faulheit. Spanischkurs, Kapitel 10. Hablar. Lektüre, Einzlkind, „Minsky“, Edition Tiamat. An der Supermarktkasse sucht eine alte Frau sorgsam ihr Kleingeld zusammen. Vor dem Bezahlen im Haushaltswarengeschäft gefragt werden, ob ein Bon benötigt wird. Wenn nicht, dann nicht. Auf dem Markt Brot und Äpfel. Es ist voll. Den üblichen Lagenriesling beim Ökowinzer. Platz ganz außen an der Theke. Der Rand ist ein guter Ort. Demowochenende. Am einen Tag „Querdenker“ mit Deutschlandfahnen, am anderen Russlandfans ohne Autos auf der einen Seite, auf der anderen Ukrainer und Unterstützer. Von der Leyen in der Ukraine, Johnson auch. In Berlin müssen Geflohene aus Afghanistan und Syrien ihre Unterkünfte zugunsten von Menschen aus der Ukraine verlassen. Andrang in der Buchhandlung. Osterbier. Beim Italiener Cannelloni in Gorgonzolasoße. Rotwein dazu, Espresso und Brandy danach. Die Kellnerin ist kaputt. Ihr Kollege, der Oberkellner, ist seit Wochen krank und fehlt auch noch auf unabsehbare Zeit.
3. Besoffene Kneipengespräche
Zwei Tage Frühling. Saharastaub sorgt für diesiges Licht. Die beste Freundin ruft aus dem Urlaub an, sie vermisst einen Schlüssel. Sachsenhausen an einem Sonntag fast ausgestorben. Die Gegend der Kindheit. Um 18 Uhr öffnete das Lokal. Sehr angenehm, ruhig, gute Preise, gute Küche. Ein billiger Kommödiant fliegt aus der Bahn wegen fehlender Maske. Ukrainische Sinti und Roma fliegen aus der Bahn wegen falsch getragenen Masken. Macron hat im ersten Wahlgang 5% Vorsprung auf Le Pen. Der Österreichische Kanzler Nehammer auf vergeblicher Mission bei Putin. Steinmeier ist in der Ukraine nicht willkommen. Scholz wurde eingeladen. Seit langem mal wieder die Lesebühne ihres Vertrauens. Führte zu einer weiteren roten Warnung in der App. Die wievielte? Negativ. Auch zuviel Wein in der Jazzbar. Besoffene Kneipengespräche über Putin und den Krieg anderntags und andernorts am Nebentisch. Die Fahrradtasche mit den Einkäufen (Eier, Milch und Marzipankartoffeln) über Nacht am Rad vergessen. Am nächsten Tag war alles noch da. Seit über einer Woche zwei Verkehrsschilder an der Straße vor der Tür, ab 04.04. Parkverbot von 7 – 17 Uhr. Passiert ist nichts. Kae Tempest über Kopfhörer, neues Album. Tägliche Spanischlektionen über Babbel. Es geht voran. Beim türkischen Imbiss gibt es eine gute Bratwurst. Erstmals in diesem Jahr im Gärtchen der Jazzbar. Ich Rotwein, sie weißen. Das wichtigste Schiff der russischen Schwarzmeerflotte, der Kreuzer „Moskwa“, wurde versenkt. FC Barcelona : Eintracht Frankfurt 2:3.
4. Der enttäuschte Pole.
Sonnige Ostertage. Trockener Streusselkuchen und bunte Eier. Auch Eierlikör. Im Westflügel ist es mindestens zehn Grad wärmer als im Ostflügel. Ein fliegendes Pferd über dem Markt. Das Weingut hat die Preise erhöht. Der Lyriker Thomas Rosenlöcher ist gestorben. Bayern-Trainer Nagelsmann erhält nach dem Ausscheiden aus der Champions-League über soziale Medien 450 Mordrohungen. Eintracht Frankfurt verliert 2:0 gegen Union Berlin. Ein Pole ist enttäuscht als er von einem Nichtraucher eine Zigarette kaufen will. Nach längerer Pause mit einer alten Freundin und Liebschaft telefoniert. Rote Coronawarnungen, negative Tests. Warnungen vor einer Killervariante im Herbst. Essen beim Italiener, Penne al arrabiata. Rotwein, Espresso und Brandy. Das Pesto hat geschimmelt. Russland startet eine Großoffensive in der Ukraine, die Türkei in Syrien gegen Kurden. Ansonsten Tee trinken und Spanisch lernen. Zwei stark tätowierte Frauen mit Botoxlippen prellen die Zeche.
5. E-Bike-Rentner in Kampfmontur.
Ein Eis am Hafen, Nuss und Vanille. Wie immer. Eis nur dort. Störche besiedeln den Hochspannungsmast. Ein schwer beladenes Containerschiff kämpft sich den Strom hinauf. Riesling, gut wie immer. Picknick mit Fleischwurst und buntem Ei. Senf vergessen, Salz nicht. Industrie am Ufer. Pluralis Majestatis bei der Frage nach einem freien Platz am fast leeren Tisch. E-Bike-Rentner in Kampfmontur. Ein Senfgeschenk. Symphonie for the devil am Rheinstrand. Ringo Starr schlendert über die Promenade, eine Rothaarige am Arm. Es folgt die „Manhattan“, flußabwärts. „SUV der Herzen“ auf einem Mietfahrrad. Padler und Ruderer erobern den Fluss. SHEIDE DOSE KARIES in Blau, Rot, Gelb auf dem Bahnhofsbackstein. Zuviel Sonne, zuviel Wein. Wenig Betrieb in der Jazzbar. Die Kreuzung davor wieder komplett zugeparkt.
6. Ein geplatzter Fahrradschlauch
Erst Frühling, dann Herbst. Und andersrum. Geschrei von den Höllenmaschinen der Dippemess. Es riecht nach frisch gemähtem Gras. Das Weinglas hat einen Riss, ohne jedoch zerbrochen zu sein. Tief dekoltierte junge Frauen kreuzen meinen Weg. An der Supermarktkasse steht ein alter Mann über sein Portemonnaie gebeugt und sucht das passende Kleingeld zusammen. Covid is coming home, to my home. Vietnamesische Hühnersuppe. Weinflaschen vor der Tür, volle, die Post auch. Immer wieder Versuche ein positiver Mensch zu sein. Klappt nicht immer. Abseits der belebten Straßen zum Testzentrum, positiv. Estoy enfermo. Die Geschmacksnerven springen im Dreieck. Entwirf deine Nivea Fotodose. Mit lautem Knall platzt ein Fahrradschlauch. Eintracht Frankfurt vs West Ham United 1:0. Finale.
7. Der erste Mauersegler
Eine Rangierlok fährt am Main Richtung Westen. Es riecht nach Diesel. Sonniges Wetter, dennoch viel Platz am Wasserhaus beim Oosten. Fünf junge Männer mit einer sowjetischen und einer russischen Fahne grölen am Main entlang und krakelen „Nazis raus“. Zwei Handvoll Querschläger am Römerberg. Ein ganz normaler Tag. Der erste Mauersegler dreht seine Runden. Mutter und Sohn streiten auf der Straße. Er geht zwei Meter voraus, der Hund trottet hinterher. Er schweigt. Ein langer, schlaksiger Mann entfernt sich zügig auf seinem altertümlichen Fahrrad. Sommerliche Temperaturen, er trägt eine Jacke und einen Rucksack. Auf dem Kopf eine wollene Schirmmütze mit Ohrenklappen, ähnlich Ignaz aus dem Roman „Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten“ von John Kennedy Toole. Er erinnert an Jacques Tati. Ein Zahnarztstuhl neigt sich in die Horizontale.
8. Der Mann im Tarnanzug
Budenzauber in Mainz. Belohnungsausflug nach zwei Wochen Covid und einer anschließenden Antibiotikakur. Fluchtgedanken. Eulchen-Biergarten im Schlosshof weg, statt dessen Bübleschirme und leere Tische. Menschenmassen überall, Humbamusik auch überall. Oppenheim lockt. Die große Bleiche, der große Horror. Kurz vor dem Bahnhof nach links, Weinstube Lösch in der Altstadt ansteuern. Alles voll, überall Menschen, überall Humba. Weinstube Lösch, draußen alles voll, innen alles leer. Leer und ruhig und kühl, die Rettung. Eulchenbier, Gres Riesling, Wasser, Spundekäs. Alles gut. Waschmaschine Nr. 6 war belegt. Eine junge Frau saß davor und schaute ihr bei der Arbeit zu. Cappuccino und Käsetörtchen in der Zwischenzeit. Cappucchino viel zu bitter, Törtchen gut. Ein Mann liest seinem kleinen Sohn laut eine Geschichte vor. An Lesen nicht zu denken. Die Musik ist laut, Bässe im Vordergrund. Es wird mit der Mama telefoniert. Ein Mann im Tarnanzug steht vor dem Haus. Querschläger ziehen immer noch durch die Gegend mit Deutschlandfähnchen und DJ und Geschrei.
9. Sebastian Kurz und Michel Piccolli auf dem Weinfest
Der Stammtisch füllt sich. Durchschnittsalter etwa 75 Jahre. Einer schwärmt von Birnenkompott aus dem Supermarkt. Pensionärsstammtisch laut Selbstauskunft. Schmierige Altherrenwitze machen die Runde. Das Alter wird besser mit Wein, verspricht Anne, die Wirtin. Am Nebentisch bestellt jemand „Colaschoppe“, ,mit Kerner. Mauersegler über Fachwerk, schreiende Rentner am Wirtshaustisch. Das Café an der Straße, zwei Polizisten holen Kuchen. Später noch ein Dritter. Maschine Nr. 6 war frei. Nächtliche Kneipengespräche über Social Media, das man „von Anfang an“ abgelehnt hat, aber trotzdem genau weiß, was dort geschieht. Eine sehr elegant gekleidete Frau steht am Wasserhäuschen an. Sie telefoniert. Mitten auf der Straße liegt ein einzelner Addidas Schuh. Frau Geistert verkauft Wurstwaren vom Bauernhof. Man wünscht ihr einen Vornamen mit B. Eine Coverband martert Klassiker. Sebastian Kurz und Michel Piccolli auf dem Weinfest. Hitzeglocke über der Stadt. Die Kühlung beim Winzer ist machtlos. Stände werden drei Stunden vorher abgebaut. Das Karussel dreht sich für ein Kind.
10. Die schöne Radfahrerin
Sehr sommerlich. Die Pizza mit scharfer Salami schmeckte nach Hühnchen. Eine Frau aus einem Robert-Crump-Comic spazierte vorbei. Der beste Platz im Gartenlokal ist mit dem Rücken zu dem Monstrum zu sitzen, das ein Brunnen sein will, und nur das Wasser plätschern zu hören, so dass man meint, es handele sich tatsächlich um einen Brunnen. Ein kleines Mädchen spielt Geige, vor sich den geöffneten Geigenkasten. Die Mutter beobachtet alles hinter ihr von einer Bank aus. Füll dir deine Offenkartoffel nach deinem Geschmack. Tage des Vergessens. Ein Schlüssel, Wein, den Einkaufsbeutel im Café. Die hübsche blonde Radfahrerin, die mich auf eine geöffnetes Seitenfach meiner Umhängetasche hinwies, „es könnte etwas herausfallen“, stand kurze Zeit später in der Reihe vor dem Wasserhüschen, kurz vor mir. Sie kaufte ein Stück Kuchen und nahm es mit. Ciao. Kauend schob sie ihr Rad und entschwand. Rock ˋn Roll Rentner mit ACDC- und Anthrax-Aufnäher und seine betagte Begleitung trinken Apfelwein und knutschen gelegentlich. Die Kellnerin im italienischen Lokal hat ihre etwa 10-jährige Tochter sowie deren kleinen Bruder mit zur Arbeit gebracht. Sie gibt ihm einen Klaps auf den Hintern.
11. Ein Junge spielt Ukulele
Ein dreibeiniger Hund humpelt vorbei. Am Rhein ändert sich das Wetter, Wolken und Wind. Die Kühlung kommt nicht gegen die Hitze an, der Riesling ist zu warm. Bingen hat eine Rheinpromenade, die Fähre heißt Mary Roos. Rentnerhippies picknicken am Rheinufer. FC St. Pauli Antifaschist. Rüdesheim liegt nicht am Rhein sondern an der B 42. AC plus Schlagring auf der linken Wade, AB plus Schlagring auf der rechten. Rune im Nacken. Khan Kiosk Imbiss Sushi. Der Schlüssel ist wieder da. Ein kleiner Junge spielt Ukulele und singt unverständliche Lieder. Der geöffnete Instrumentenkoffer geöffnet vor ihm auf dem Boden. Ein zahnloser, weißhaariger Mann sitzt auf dem Gehweg und versucht eine Crackpfeife anzuzünden. Ein van Gogh auf dem linken Arm einer Frau. Working Class Hero am Wasserhäuschen. Ein Geldbeutel wird „geklaut“ und wiedergefunden. Rock `n Roll.